Der Deutsche Weinbauverband (DWV) erlebt gerade turbulente Zeiten. Die Verbände der genossenschaftlich organisierten Unternehmen und der Fränkische Weinbauverband hatten sich Ende Juni dazu entschlossen, den DWV zu verlassen. „Ein Schritt, den ich sehr bedauere und der weitreichende Konsequenzen für die Weinwirtschaft haben kann. Ein Schritt, den wir aber im Dialog mit unseren Mitgliedern genau analysieren werden“, so DWV-Präsident Klaus Schneider.
„Der DWV hat seit Jahrzehnten eine gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Erzeuger auf nationaler und europäischer Ebene etabliert. Insbesondere die europäische Ebene spielt dabei eine immer größere Rolle. Dort werden die Weichen für Regelungen gestellt, die unsere Branche maßgeblich beeinflussen. Entscheidungen hinsichtlich der GAP, der Alkoholpolitik oder bei umweltpolitischen Themen – Stichwort: Nachhaltigkeitsinitiativen – haben meist direkte Auswirkungen in den Mitgliedstaaten. Auf EU-Ebene darf Deutschland über den DWV im Konzert mit den drei großen Weinbauländern Frankreich, Italien und Spanien mitspielen. Um diese Position zu erhalten, müssen wir Erzeuger in Deutschland weiterhin mit einer Stimme sprechen. Nur so können wir den etablierten, direkten Zugang zu den Entscheidern in Brüssel nutzen und dafür sorgen, dass die Interessen des deutschen Weinbaus auf EU-Ebene Beachtung finden. Auch auf nationaler Ebene bringen wir die Interessen der Weinbranche bei allgemeinen landwirtschaftlichen Themen gebündelt in den Prozess mit ein: Düngeverordnung, Anwenderschutzbestimmungen oder aktuell das Insektenschutzpaket sind nur einige Beispiele. Das muss auch weiterhin so bleiben!“, stellte Schneider fest.
Die Austritte aus dem Dachverband führen aus Schneiders Sicht nicht dazu, dass einzelne Mitglieder ihre Interessen durchsetzen können: „Im Gegenteil, sie schwächen die Interessenvertretung der Weinwirtschaft insgesamt. Wenn wir nicht mehr mit einer Stimme sprechen, werden wir insgesamt weniger Gehör bei der Politik finden.“
Die Politik erwarte weiterhin, dass Meinungsbildung und Abstimmung auf Ebene des Berufsstandes stattfinde und nicht erst in Anhörungen auf Ebene der Ministerien. Schneider erweiterte seinen Appell an die Branche: „Wir müssen gemeinsam gegenüber der Politik auftreten, um durchschlagskräftig zu bleiben. Die Plattform für den Austausch und Abstimmung der Erzeuger muss der DWV bleiben!“
Letztlich seien die „Heilbronner Beschlüsse” der Stein des Anstoßes für die Austritte gewesen. Schneider: „Nach einer sehr langen Sitzung, die auch für Zwischenberatungen der einzelnen Gruppen unterbrochen wurde, hatte der Vorstand am Ende alle Beschlüsse zu den Bezeichnungen der Herkunftsstufen einstimmig gefasst. Lediglich bei der Frage der Verwendung von Ortsnamen enthielten sich u. a. die Genossenschaftsvertreter. Eindeutiger Tenor waren die klare Regelung der Herkunftsstufen und dafür eine Übergangsfrist von fünf Jahren unter Berücksichtigung der Vorgaben des EU-Rechts. Wir sind mit der klaren Marschrichtung auseinandergegangen, dass jeder für die Umsetzung dieses Beschlusses werben muss – gegenüber der Politik, aber auch gegenüber seiner eigenen Mitgliederbasis. Ich betone hier nochmal, dass der DWV diesen einstimmigen Beschluss des DWV-Vorstandes bis zum heutigen Tage nie infrage gestellt oder von ihm abgewichen ist. Vielmehr haben wir diesen im Gesetzgebungsverfahren immer mit Nachdruck gegenüber der Politik vertreten. Wir müssen kompromissfähig bleiben, sonst schaden wir dem gesamten Weinbau. Diskussionen können innerhalb unserer Gremien hart, aber fair geführt werden. Nach außen müssen wir aber mit einer Stimme sprechen, wenn wir gegenüber der Politik unsere Interessen durchsetzen wollen.“ Er hoffe daher, dass alle Erzeuger wieder unter ihrem gemeinsamen Dach „Deutscher Weinbauverband“ zusammenkommen.