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USA: Craft zwischen Bier-Idealismus und Unternehmens-Kapitalismus?

Eine Meldung erschüttert die US-amerikanische Bierwelt: Anheuser-Busch (AB) hat die 1996 gegründete Elysian Brewing Company in Seattle im Staate Washington erworben! Elysian ist eine der Kult-Craft-Brauereien an der Westküste mit dutzenden von Auszeichnungen und einem rasantem Wachstum.

Nachdem in den 1990er-Jahren die von AB berüchtigte Strategie des „100% share of mind“ (Druck auf Großhändler keine Craft-Biere in das Sortiment aufzunehmen) fehlgeschlagen ist, verfolgte der Brauriese seit der Jahrtausendwende eine neue Richtung: Der Erwerb von erfolgreichen Craft-Brauereien. Es fing damit an, dass AB indirekt über verschachtelte Holding-Firmen Anteile an verschiedenen Craft-Brauereien erwarb, mit dem Ergebnis, dass das Unternehmen heute auf verschiedene formal-legale Verknüpfungen an Redhook (Washington und New Hampshire), Widmer (Oregon), Kona (Hawaii), Fordham (Delaware) und Old Dominion (Virginia) beteiligt ist.

Der große Wurf kam im Jahre 2011, als AB die gesamte, sehr angesehenen Goose Island Brewing Company in Chicago, Illinois, übernahm. Im letzten Jahr verkauften sich dann zwei weitere Craft-Brauereien an den Brauriesen: die Blue Point Brewing Company und die 10 Barrel Brewing Company. Mit diesen Schachzügen wurde klar, dass diese Akquisitionen keine Zufälle sondern das Ergebnis einer gezielten Planung waren.

Hinter den Akquisitionen steht das Ziel, sich Zugang zum lukrativen Craft-Biermarkt zu eröffnen. Der Brauriese strebt ganz offensichtlich Craft-Umsatz als Ersatz für seinen Volumenschwund von etwa 9% im Light American Lager Segment an, den er in den letzten zehn Jahren verdauen musste. Daher wird Elysian in Seattle bestimmt nicht die letzte Brauerei auf ABs Anschaffungsliste sein.

Mit dem Trend zur Übernahme der Kleinen durch die Großen und der Bereitschaft der Kleinen, der Verlockung eines AB-Angebots zu erliegen und übernommen zu werden, verliert „Craft“ nicht nur die von der Brewers Association definierte Unabhängigkeit, es verzerren sich auch die Grenzen zwischen Craft- und Industriebieren. Aber das bestätigt nur, dass das Craft-Segment inzwischen ein reifer Markt ist; dass es sich zu einer echten Industriebranche entwicklet hat; und dass die Unterteilung zwischen „Mikro“- und „Makro“-Biersorten schon längst an Bedeutung verloren hat. (HD)